Was ist Crowdinvesting?

Beim Crowdinvesting investieren viele (Klein-)Anleger, also die Crowd, in meist recht junge Unternehmen/ Startups, die eine Finanzierung für ihr Produkt oder ihren Service suchen. Privatpersonen, Business Angel und teils auch professionelle Kapitalgeber wie Venture Capital Firmen geben also frisches Kapital an ein Unternehmen und erhalten dafür im Gegenzug entweder echte Anteile (Shares) am Unternehmen oder eine Beteiligung am zukünftigen finanziellen Erfolg über einen Darlehensvertrag.

Deutsche Crowdinvesting-Plattformen (z.B. Seedmatch oder Companisto) haben in den letzten Jahren meist mit sog. Nachrangdarlehen gearbeitet. Im Ausland, speziell in Großbritannien (z.B. Seedrs oder Crowdcube) erhält man hingegen echte Shares, also Anteile an privat geführten Unternehmen, die eben nicht an der Börse gehandelt werden.

Sowohl Nachrangdarlehen als auch echte Shares haben Vor- und Nachteile:

Nachrangdarlehen (z.B. Seedmatch, Companisto)

+ Definierte Laufzeit, so dass vorab klar ist zu welchem Zeitpunkt der Investor oder das Unternehmen den Darlehensvertrag kündigen kann

+ Bessere persönliche Liquiditätsplanung möglich (durch festes Laufzeitende)

+ Transparente Bewertung des Unternehmens zum Laufzeitende, häufig über vorab festgelegtes Vielfaches (Multiple) von Umsatz und Gewinn des Unternehmens

+ Bei einer durchwachsenen Unternehmensentwicklung unter den Erwartungen erhält man zum Laufzeitende sein Darlehen zurück und kann so aussteigen, wenn das erforderliche Kapital für die Rückzahlung im Unternehmen vorhanden ist

– Bei guter Unternehmensentwicklung kündigt das Unternehmen den Vertrag oft so früh wie möglich, um weniger Gewinn mit den Investoren teilen zu müssen und selbst maximal zu profitieren; so ergeben sich oft nur mittelmäßige Gewinne für den Investor bei sehr guter Unternehmensentwicklung

– Das langfristige Renditepotenzial für den Investor wird durch die Kündigungsmöglichkeit des Unternehmens teils stark beschnitten

– Die Renditechancen sind meist nicht pauschal abschätzbar und häufig von der genauen Ausgestaltung und dem exakten Wortlaut des Vertragstextes abhängig. Auf jeder Plattform muss die Entwicklung der Vertragstexte im Zeitverlauf einzeln beobachtet und bewertet werden, um das Renditepotenzial abschätzen zu können

Shares (z.B. Seedrs, Crowdcube)

+ Der Investor besitzt echte Anteile am Unternehmen (Shares), ähnlich wie bei Aktien. (Da diese privaten Unternehmen jedoch nicht an der Börse gelistet sind, können diese Shares nicht jederzeit verkauft werden und sind eher illiquide)

+ Durch das fehlende Enddatum im Vergleich zu einem Darlehen kann man meist an der positiven Entwicklung des Unternehmens länger beteiligt sein und so bei den wenigen guten Investments tatsächlich Vervielfachungen des eigenen Investments erwarten

– Niedrigere Liquidität als bei Nachrangdarlehen/ es gibt kein festes Enddatum. Das eigene Investment erhält man nur zurück

  • wenn ein großer Teil oder das gesamte Unternehmen verkauft wird
  • wenn ein freiwilliges Angebot zum Rückkauf der Shares unterbreitet wird
  • wenn ein Börsengang des Unternehmens stattfindet
  • oder wenn man einen Käufer für die eigenen Anteile findet. Manche Plattformen wie z.B. Seedrs bieten auch einen Zweitmarkt (Secondary Market) an, auf dem unter bestimmten Voraussetzungen die Anteile an andere Investoren verkauft werden können.

Die Abwägung der obigen Vor- und Nachteile in Summe ist schwierig. In fünf Jahren Crowdinvesting habe ich herausgefunden, dass für mich die Vorteile von echten Shares deutlich überwiegen und meiner Meinung nach das Renditepotenzial langfristig bei Shares deutlich höher ist als das von Nachrangdarlehen. In beiden Fällen muss bei der Investition abgeschätzt werden, ob die aufgerufene Unternehmensbewertung der Investitionsrunde den Entwicklungsstand und die Chancen fair widerspiegelt. Wenn wir in beiden Fällen (Nachrangdarlehen und Shares) von einer identischen, fairen Unternehmensbewertung als Startpunkt ausgehen, dann überwiegen nach meiner Erfahrung langfristig mit Shares die Chancen, an einer positiven Unternehmensentwicklung auch langfristig und fair beteiligt sein zu können.

Philip

Seit 2014 investiere ich in Startups. In den letzten Jahren ist mein Portfolio auf über 150 Beteiligungen verschiedener Größe gewachsen. Auf meinem Blog berichte ich regelmäßig über Crowdinvesting und meine Investments.

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